Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025: Pflicht oder Kür?

27. Mai 2025

Jürgen Hüneborn

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetzt – kurz BFSG – hat für Ende Juni 2025 für manche Gewerbetreibende eine Überraschung parat: Unternehmer, die sich z.B. mit einem Webshop oder anderen Online-Dienstleistungen direkt an Verbraucher richten, sollten sich den 28.05.2025 vormerken.

Das BFSG dient der Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/882, auch bekannt als European Accessibility Act (EAA). Ziel des Gesetzes ist es, Barrieren beim Zugang zu Produkten und Dienstleistungen abzubauen und gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderungen zu fördern. Es schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen, der bestehende Regelungen wie die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV), die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sowie das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) harmonisiert und weiterentwickelt.

1. Geltungs- und Anwendungsbereich

Das Gesetz findet Anwendung auf Produkte und Dienstleistungen, die ab dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht oder erbracht werden. Dies umfasst nicht nur digitale Angebote wie Websites, mobile Apps und Online-Shops, sondern auch physische Produkte (z. B. Hardware, Selbstbedienungsterminals) und Dienstleistungen in Bereichen wie Personenverkehr, Telekommunikation und Bankwesen. Somit werden sowohl Hersteller, Händler als auch Importeure und Dienstleistungserbringer in den Anwendungsbereich einbezogen. 2

2. Anforderungen und Regelungen

Das BFSG legt fest, dass bei der Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen stets der Stand der Technik sowie harmonisierte Normen und technische Spezifikationen zu berücksichtigen sind. Konkrete Vorgaben betreffen beispielsweise die Gestaltung von Produkten hinsichtlich Bedienbarkeit und Informationszugänglichkeit. Für Produkte müssen zudem EU-Konformitätserklärungen abgegeben und CE-Kennzeichnungen angebracht werden. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Barrierefreiheit von vornherein in die Produkt- und Dienstleistungsentwicklung integriert wird. 2

3. Pflichten der Wirtschaftsakteure und Ausnahmeregelungen

Das Gesetz definiert klare Verpflichtungen für die verschiedenen Akteure der Wirtschaft:

Hersteller und Importeure müssen sicherstellen, dass ihre Produkte die festgelegten Barrierefreiheitsstandards erfüllen und entsprechende Kennzeichnungen sowie Konformitätserklärungen vorliegen.

Händler und Dienstleistungserbringer sind verpflichtet, ihre Angebote barrierefrei zu gestalten und die entsprechenden Informationen transparent darzulegen. Ganz praktisch bedeutet dies z.B., bei Webseiten für grafische Elemente Alternativtexte vorzuhalten, damit etwa blinde Menschen sich diese über eine Braille-Zeile tasten lassen können.

Gleichzeitig sieht das BFSG Ausnahmen vor, etwa für Kleinstunternehmen (Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und bestimmten Umsatzgrenzen), die in manchen Fällen teilweise von den Regelungen ausgenommen sind.

4. Überwachung und Durchsetzung

Zur Sicherstellung der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben werden Marktüberwachungsbehörden eingesetzt. Diese haben das Recht, bei Nichteinhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen einschneidende Maßnahmen zu ergreifen – von der Einschränkung der Bereitstellung eines Produkts oder einer Dienstleistung bis hin zu Rückrufen von Produkten. Dadurch soll ein kontinuierlicher, hoher Standard an Barrierefreiheit gewährleistet werden.

Zudem ist damit zu rechnen, dass Wettbewerber im Wege von Abmahnungen ihre Konkurrenten zur Einhaltung der Regeln anhalten werden.

5. Praktische Hilfestellungen und Unterstützung

Neben den gesetzlichen Regelungen stellt der Gesetzgeber auch diverse Informations- und Beratungsangebote bereit. Leitfäden, interaktive Prüftools (wie der „BFSG Check“) und die Bundesfachstelle Barrierefreiheit unterstützen Unternehmen dabei, die Anforderungen zu verstehen und umzusetzen. Grundsätzlich sollten Produkte möglichste „technikoffen“ gestaltet werden; dies erleichtert ganz grundsätzlich nicht nur die Anpassung bestehender Produkte, sondern fördert auch die Gestaltung neuer Angebote, die von vornherein barrierefrei sind.

Fazit

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz stellt aus Sicht des Gesetzgebers einen wesentlichen Schritt in Richtung Inklusion dar. Es sorgt dafür, dass Produkte und Dienstleistungen künftig so gestaltet werden, dass sie von allen Menschen – unabhängig von möglichen körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen – uneingeschränkt genutzt werden können.

Falls Sie zu einzelnen Aspekten des BFSG, den konkreten technischen Anforderungen oder Umsetzungsmöglichkeiten Fragen haben, wenden Sie sich gerne an uns!

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